Dir. Hans Peter Jacobson, Museum für angewandte Kunst Gera 2008

Ute Lehmann - Plastische Arbeiten aus zwanzig Jahren

Die 1960 geborene jüngste Tochter von Herta und Arno Lehmann wandte sich wie ihre Eltern ebenfalls der Keramik zu. Sie studierte von 1978 bis 1983 an der Kunstuniversität zu Linz, in der Meisterklasse für Keramik bei Günter Praschak, wo sie das Diplom mit Auszeichnung ablegte. Davor und danach nahm sie an verschiedenen internationalen Sommerakademiekursen in Salzburg teil. Schon früh wandte sie sich von der für die Keramik  traditionellen Gefäßgestaltung ab und widmete sich bald ausschließlich der Plastik.

Dabei bemühte sie sich ebenso konsequent wie erfolgreich um künstlerische Eigenständigkeit und radikale Loslösung vom elterlichen Vorbild. Dieses Bestreben mag die Tatsache erleichtert haben, dass der Vater, zu dem sie als Kind eine starke Bindung besaß, bereits fünf Jahre vor Beginn ihres Studiums verstorben war. Mit dem Löschen aller Erinnerungen an das  Gefäß, entwickelte sich das Werk Ute Lehmanns über mehrere Schaffensperioden, in die verschiedentlich thematische Zyklen eingebettet waren, um die Jahrtausendwende zu seiner heutigen Reife mit einem völlig solitären, höchst homogenen Œvre. Es entstanden und entstehen - vornehmlich in einer persönlichen Variante der Raku-Technik - figürliche Plastiken, die an urzeitliche Idole oder zuweilen auch an Tierhaftes wie Insekten erinnern. Konturen von eleganter Linienführung umschließen Formen voll praller Körperlichkeit, von denen so trotz radikaler Abstraktion eine lebendige Sinnlichkeit ausgeht. Dazu trägt auch eine intensive wie aus ihrem Inneren kommende Leuchtkraft bei. Die Dynamik ihrer bizarren Erscheinungen wird durch deren Gesamtbewegungen sowie die in Spitzen auslaufenden Extremitäten unterstrichen. Oftmals lagern die Körper auf winzigen Punkten. In Arbeiten aus jüngster Zeit verschmelzen mehrere Figuren durch komplizierte Bewegungen miteinander. Bei den „Musikern“ mutieren menschliche Gestalten und ihre Musikinstrumente zu bizarren Zwitterwesen. Vielleicht erinnern diese Figuren auf höchst eigenwillige Weise den Betrachter daran, dass er womöglich bei einem besonders intensiven musikalischen Vortrag den Eindruck hatte, Musiker und Instrument wären eins.

Ute Lehmann, verfügt heute über die Mittel, allen ihren Intentionen und künstlerischen Visionen völlig frei und ohne Konzessionen an den Zeitgeschmack oder gar an Konventionen keramischen Gestaltens, überzeugende und bewegende Gestalt zu geben. Damit ehrt sie auf ihre eigene Weise das Erbe ihres Vaters.